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02.März 2023

swisscybersecurity.net - Interview

Was die Secure-Swiss-Finance-Network-Zertifizierung für Cyberlink bedeutet.

Thomas Knüsel hat von Cyberlink-Gründer Beat Tinner die Rolle des CEO übernommen. Als langjähriger COO weiss Knüsel, wie Cyberlink tickt und wo das Unternehmen steht. Seit Anfang des Jahres ist das Unternehmen neu zertifizierter Provider für das Secure Swiss Finance Network. Im Interview sagt Knüsel, was dies für Cyberlink bedeutet.

Sie sind seit Oktober CEO von Cyberlink, aber schon seit 10 Jahren im Unternehmen tätig. Wie hat sich das Unternehmen in den vergangenen 10 Jahren verändert?

Thomas Knüsel: Ich kam ins Unternehmen, als Cyberlink mitten in der strategischen Neuausrichtung steckte. Das war 2012. Damals haben wir uns vom Internet Service Provider (ISP) mit breitem Portfolio (Internet, Telefonie, TV, Webhosting) für Privat- und Geschäftskunden, hin zum fokussierten Managed Service Provider (MSP) für ICT-Infrastrukturen entwickelt. Diesen Schritt unternahmen wir, da uns damals klar wurde, dass die ganz grossen Anbieter mit ihren Bundle-Strategien im B2C-Geschäft erfolgreicher arbeiten können als wir. Heute bedienen wir ausschliesslich Geschäftskunden in den Bereichen Cloud und Connectivity. Mit diesem klaren Fokus ist es uns gelungen, einen starken Namen zu schaffen. Wir stehen für Qualität, passgenaue Lösungen und ausgezeichneten Support.

Was würden Sie als die wichtigsten Meilensteine in dieser Zeit bezeichnen, welche strategischen Entscheidungen prägten das Unternehmen besonders?

Die erwähnte Neuausrichtung hat das Unternehmen in den letzten Jahren natürlich stark geprägt hat. Wir haben einen klaren Fokus, der uns immer wieder als strategische Leitplanke dient, hilft Entscheide zu treffen und auch mal «nein» zu sagen. Ausserdem waren wichtige Meilensteine im Rahmen der strategischen Neuausrichtung aus meiner Sicht: der Umzug des Unternehmens an den heutigen Standort Zürich Tiefenbrunnen im Jahr 2012, die Einführung der Automatisierungsplattform ServiceNow im 2013, die Datacenter-Umzüge im 2014, die Lancierung unseres Cloud-Portfolios 2015 oder auch die Ablösung unserer eigenen SDSL-Netze durch glasfaserbasierte Services in demselben Jahr.

Wie passt das Cloud-Angebot in Ihre Geschäftsstrategie und welche Bedeutung hat das Cloud-Business heute für Cyberlink?

Die Bereiche Telekommunikation und IT wachsen immer stärker zusammen. Für uns als Unternehmen ist das Cloud-Geschäft im Zusammenhang mit unserem ICT-Infrastrukturangebot eine sehr gute Ergänzung zu unserem Connectivity-Business. Wir können in der Cloud, ähnlich wie im Connectivity-Bereich, ebenfalls Netzwerkdienstleistungen anbieten. Mit der Cloud-Plattform bieten wir unseren Kunden ein virtuelles Datacenter, in dem virtuelle Server, Netze und Speichersysteme stark integriert sind. Durch unsere Kompetenzen als ISP, können wir die Cloud optimal und bedürfnisgerecht in weitere Infrastruktur Services einbinden und unseren Kunden passgenaue Infrastrukturlösungen aus einer Hand bieten; etwa geschlossene/gesicherte und integrierte Systeme aus Private Network und -Cloud. Insofern hat das Cloud-Business für uns eine grosse Bedeutung und ist neben der Connectivity ein stark wachsendes Geschäftsfeld. 

Welche Arten von Kunden aus welchen Industrien fragen bei Cyberlink Cloud-Dienstleistungen nach?

Alle brauchen ja auf irgendeine Art Infrastruktur. Als Infrastruktur-Anbieter haben wir deshalb keinen bestimmten Branchenfokus, sondern positionieren uns als attraktiven Partner für spezialisierte Anbieter, die unsere Services als Basis nutzen. Unsere Kunden suchen nach hoher Qualität, verfügen vielleicht über ein spezielleres Set-up mit verschiedenen Standorten und haben ein hohes Bedürfnis, zwischen diesen eine zuverlässige und hochwertige Verbindung für den Austausch von grossen Datenmengen sicherzustellen.

Mit welchen Herausforderungen sind Sie im Cloud-Geschäft konfrontiert?

Das Cloud Geschäft entwickelt sich rasant, was wohl die grössten Herausforderungen mit sich bringt. Mit dem Markteintritt mit lokalen Cloud-Regionen der Hyperscaler Microsoft, Google und AWS hat die Dynamik nochmal stark zugenommen. Dadurch entstehen aber auch neue Chancen. Getrieben durch lokale Niederlassungen der Hyperscaler sehen wir eine beschleunigte Cloud-Adoption im Schweizer Markt. Die Auslagerung von IT-Infrastruktur ermöglicht Kunden mehr Fokus, doch Cloud ist auch ein Vertrauensgeschäft. Hier sehen wir auch unsere Daseinsberechtigung als nationaler Provider, der nicht nur persönlichen Support bietet, sondern die hiesigen Bedürfnisse versteht und optimal erfüllen kann.

Welche Bedeutung hat das WAN-Geschäft für Ihr Unternehmen?

Auch das WAN-Geschäft hat eine grosse Bedeutung für uns. Durch unsere Expertise in diesem Bereich sind wir in der Lage, Bedürfnisse zu erfassen und passgenaue Lösungen für unsere Kunden zu bauen. Dank unserer Unabhängigkeit kombinieren wir schweizweit Kommunikationsnetze unterschiedlicher Anbieter und nutzen damit das volle Potenzial vorhandener Infrastruktur. Nicht selten werden dabei Connectivity Services, also etwa eine Standortvernetzung, mit Datacenter und Cloud Services kombiniert. So lassen sich neue, zeitgemässe Netzwerktopologien realisieren, bei denen sich das Herz der IT-Infrastruktur vom Firmenhauptsitz ins Datacenter verschiebt. Dadurch entstehen völlig neue Möglichkeiten. Wir sind stolz, dass namhafte Unternehmen auf unsere Expertise zählen und uns die Entwicklung und Betreuung ihrer komplexen ICT-Infrastrukturen anvertrauen.

Mit welchen Herausforderungen sind Sie im WAN-Geschäft konfrontiert?

Oftmals ist es die Marktmacht grosser Mitbewerber, die es uns schwierig macht, unseren Mehrwert dann effektiv auch unter Beweis stellen zu können. Die Telkos, die selbst Glasfaserinfrastrukturen betreiben und darauf eigene Services anbieten, können anders rechnen, als wir als KMU. Deshalb gilt es auch hier, sich zu fokussieren. Wir konzentrieren uns auf Unternehmen, die höchste Ansprüche an ihre ICT-Infrastruktur haben und die persönliche Betreuung einer simplen Kundenbeziehung vorziehen. Mit Kunden und Partnern pflegen wir einen direkten Austausch auf Augenhöhe. Vom Engineer bis hin zur Geschäftsleitung sind wir stets direkt erreichbar. Daneben schätzen unsere Kunden den Umstand, dass sie für Internet, Netzwerk, Datacenter und Cloud nur einen Ansprechpartner haben. Sie können dadurch die End-to-End-Kontrolle an uns abgeben und gleichzeitig Diskussionen über Verantwortungsbereiche ausschliessen.

Seit Januar 2023 ist Cyberlink als erstes Unternehmen, abgesehen von Sunrise und Swisscom, SSFN-zertifiziert. Was hat es mit dem Secure Swiss Finance Network auf sich?

Das SSFN ist ein kontrollierter und geschützter Netzwerkverbund, der von der Schweizerischen Nationalbank und SIX initiiert wurde. Er basiert auf der an der ETH Zürich entwickelten SCION-Technologie, genügt höchsten Anforderungen an Sicherheit und Verfügbarkeit und bietet den Schweizer Finanzmarktteilnehmern eine Plattform für Datenaustausch auf höchstem Niveau über mehrere Provider hinweg. Als Beispiel steht das Zahlungssystem Swiss Interbank Clearing (SIC) als Applikation auf SSFN zur Verfügung.

Was bedeutet die SSFN-Zertifizierung für Ihr Cyberlink und warum ist sie für Sie so wichtig?

Die SSFN-Zertifizierung ist ein toller Meilenstein für Cyberlink. Sie ist wie ein Ritterschlag. Sie gibt uns die Möglichkeit, unseren guten Ruf in neue Märkte zu tragen und etwa Kunden im Finanzsektor zu begeistern. Es macht uns auch stolz, dass wir als KMU diesen hohen Anforderungen genügen und neben den grossen Marktbegleitern bestehen können. Bei der Zertifizierung hat uns unsere Erfahrung im Bereich Compliance geholfen. Unser internes Kontrollsystem (IKS) wird bereits heute nach dem internationalen Standard ISAE 3402 auditiert. Damit lassen wir regelmässig extern validieren, dass unsere Cloud-Services höchste Qualitätsniveaus erfüllen. Zugleich ist eine wertvolle Zusammenarbeit mit der ETH Zürich entstanden, welche die SCiON-Technologie entwickelt hat, auf der das SSFN basiert.

Sie waren vor Ihrer Ernennung zum CEO der COO von Cyberlink. Was bedeutet diese Beförderung für Sie?

Zuerst einmal bin ich dankbar für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Und ich freue mich über die neue Rolle und die persönliche Entwicklung, die mit der neuen Funktion einhergeht. Von der Ausgangslage her – ich bin seit 2012 im Unternehmen und war vorher COO – könnte man erwarten, dass sich nur geringfügig etwas ändert. Aber trotzdem spüre ich, dass die CEO-Rolle etwas Spezielles ist. Ich glaube, es ist der repräsentative Charakter. Ich stehe für Cyberlink, mit allem, was dazu gehört. Gegen innen ist die Änderung weniger spürbar. Denn wir pflegen bei Cyberlink untereinander ein sehr kollegiales Verhältnis. Ich möchte auch ein nahbarer CEO sein. Im Umfeld von Kunden, Partnern und Mitbewerbern schätze ich die Kultur des offenen Austausches sehr und möchte diese weiterpflegen. Im Unternehmen selbst möchte ich ein spürbarer, agiler Leader sein, der Eigeninitiative fördert und mit gutem Beispiel vorangeht. Mit der bewussten Förderung von Eigeninitiative will ich auch verhindern, dass alle auf mich als CEO schauen und warten bis ich für alles eine Lösung oder einen Plan aus dem Hut zaubere.

Was wird sich unter Ihrer Führung verändern?

Im Vordergrund steht für mich Kontinuität und nicht Umbau. Wir haben klare, strategische Ziele in unseren Geschäftsbereichen und wollen den eingeschlagenen Weg eigenständig weiterverfolgen. Als Unternehmen schreiten wir auf unserem Weg hin zu einer agilen Organisation weiter voran, befähigen unser Team und lernen gemeinsam. Wir setzen auf Fokussierung und iteratives Vorgehen. Aktuell zeigt sich das bei der Erschliessung eines neuen Datacenter-Standorts. Wir versuchen schnell zu sein, die initialen Aufwände tief zu halten und rasch Marktfeedback für weitere Entscheide zu erhalten.

Welche Pflöcke möchten Sie als CEO einschlagen?

Cyberlink agiert in einem schnelllebigen Umfeld. Um auch künftig erfolgreich bestehen zu können, müssen wir nahe am Markt sein, die Herausforderungen und Bedürfnisse von Kunden verstehen und als Organisation rasch auf Änderungen reagieren können. Beispielsweise haben wir uns Ende letzten Jahres in der Cloud-Marktbearbeitung neu aufgestellt und schaffen mit einem interdisziplinären Cloud-Business-Team mehr Kundennähe und Fokus.

Wie möchten Sie Cyberlink strategisch weiterentwickeln?

Wir möchten den eingeschlagenen Weg weiter beschreiten und unsere Relevanz am Markt in den strategischen Geschäftsfeldern weiter ausbauen. Organisches Wachstum in einer sinnvollen Grössenordnung steht dabei im Vordergrund. Cyberlink als Brand in neuen Marktsegmenten zu etablieren ist dabei nicht nur reizvoll, sondern birgt auch Chancen für eine weitere nachhaltige Skalierung. Den Cloud-Bereich wollen wir als zweites, starkes Geschäftsfeld weiter etablieren. Im Connectivity-Bereich wollen wir im indirekten Kanal weitere starke Partner aufbauen, welche die Bedürfnisse ihrer Kunden bestens kennen und eine schnelle, unkomplizierte Zusammenarbeit mit einem kompetenten Infrastruktur-Partner schätzen.

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